Geschichte der CDU Hamm
„Jetzt heißt es wieder aufbauen,
die Wunden heilen, die Not lindern“
von Günter Beaugrand
1945 wurde in Hamm die CDU gegründet
Josef Weidekamp zum 1. Vorsitzenden gewählt
Schon wenige Wochen nach der Einnahme Hamms durch Truppen der 6. US-Army am 6. April 1945 begann mitten in den Trümmern der zerstörten Stadt der zunächst noch zögerliche Neuanfang des politischen und gesellschaftlichen Lebens. Da die Militärbehörden jede parteipolitische Aktivität verboten hatten, trafen sich schon kurz nach der Kapitulation am 8. Mai 1945 Persönlichkeiten aus den früheren Parteien und Verbänden der Weimarer Republik im privaten Kreis, um nach Möglichkeiten für die Wiederbegründung der Demokratie in Deutschland zu suchen.
Zu diesen Persönlichkeiten gehörten vor allem Mitglieder der in Hamm traditionell stark vertretenen katholischen Arbeiterbewegung, die während des Dritten Reiches trotz aller Verfolgungen Rückgrat bewiesen hatten und jetzt mit neuem Engagement politisch wirksam werden wollten. Sie entschieden sich schon im Juni 1945, die frühere Zentrumspartei durch eine neue ökumenisch orientierte und christlich geprägte Partei abzulösen.
Die ersten Kontaktgespräche mündeten dann in die Gründung der CDU Hamm am 23. September 1945 im Evangelischen Gemeindehaus an der Alleestraße. Inzwischen war bereits am 15. August Josef Schlichter von der Militärregierung wieder in sein Amt als Hammer Oberbürgermeister eingesetzt worden. In seiner Antrittsrede umriss er prägnant die damalige Situation und die zu bewältigenden Aufgaben für die Stadt Hamm: „Finstere kalte Nacht ist über uns hereingebrochen. Deutschland liegt zerschmettert am Boden und blutet aus tausend Wunden. Nur die Trümmer starren uns jetzt entgegen. Jetzt heißt es wieder aufbauen, die Wunden heilen, die Not lindern. Das ist eine Aufgabe, vor der man zurückschrecken könnte, wenn man ihre Größe übersieht.“
Die ersten Begegnungen
Der Weg zur Gründung einer christlich-demokratischen Partei in Hamm deutete sich bereits bei den Anfangsgesprächen an, denen der Paderborner Präses der katholischen Arbeiterbewegung und frühere Herringer Pfarrer Dr. Caspar Schulte bereits im Juni 1945 entscheidende Impulse vermittelte. Er setzte sich konsequent für die enge Zusammenarbeit der Christen ein, um den in der Weimarer Republik verhängnisvollen Konfrontationskurs der Konfessionen im politischen Raum zu verhindern. In Hamm waren es der spätere „Siedlungsvater“ Gerhard Krampe und die aus der katholischen Arbeiterbewegung kommenden Paul Schamer, Josef Weidekamp, Konrad Rüther, Johannes Westemeier, Johannes Kunz und Ferdinand Poggel, die sich diesen Argumenten anschlossen und mit Alfred Stichmann und Emil Cobet Persönlichkeiten aus der evangelischen Kirche für den Zusammenschluss der Christen in einer neuen christlich-demokratischen Partei gewannen.
Dechant Hermann Brück und Superintendent Arnold Torhorst unterstützten das Engagement für die Gründung einer gemeinsamen christlichen Partei in Hamm und öffneten das Tor für die zukünftige politische Entwicklung, wie sie sich überall in Deutschland anbahnte.
Ähnliche Gruppierungen bildeten sich auch in anderen Städten des Ruhrgebietes und Westfalens, wenn auch zum Teil später als in Hamm, das durch die schnelle Reaktion der im Dritten Reich bewährten Persönlichkeiten der katholischen Arbeiterbewegung gleichsam zum Vorreiter künftiger landes- und bundespolitischer Entwicklungen wurde. Schon am 8. und 16. Juni 1945 kam es zu Begegnungen, die die gemeinsame politische Arbeit der Christen ins Gespräch brachten und im August zu vorbereitenden Sitzungen für die Parteigründung führten.
Der entscheidende Anstoß
Die Gründung des westfälischen Landesverbandes der CDU am 2. September in Bochum gab den entscheidenden Anstoß, auch in Hamm die bisherigen Aktivitäten voranzutreiben und die Gründung einer Ortsunion zu vollziehen.
Ferdinand Poggel schrieb das Protokoll für die Sitzung der Hammer „Gründungsväter“ vom 26. August 1945 und fasste darin die Motive für die Entscheidung zu einer neuen christlichen Partei zusammen: „Zu Beginn der Besprechung behandelte Herr Poggel als Einberufer der Versammlung die allgemeine politische Lage des deutschen Volkes, hervorgerufen durch die verbrecherische Politik des Naziregimes. Das deutsche Volk müsse seine Zukunft selbst wieder in die Hand nehmen. Die politische Zersplitterung vor 1933 in viele Parteien und Grüppchen sei Mitverursacher für seine heutige katastrophale Lage. Es müsse vermieden werden, erneut in die alten Fehler des Parteienhaders und -zankes und damit der politischen Ohnmacht zu verfallen. Das vordringliche Gebot der Stunde sei deshalb die politische Zusammenfassung der gesamten evangelischen und katholischen Bevölkerung Deutschlands“.
Gründungstag: 23. September 1945
Nach weiteren vorbereitenden Begegnungen am 9. und 16. September 1945 kam es dann am 23. September zur Gründungsversammlung der Hammer CDU im Evangelischen Gemeindehaus an der Alleestraße, über die wiederum Ferdinand Poggel, der spätere Hammer Oberbürgermeister, das Protokoll führte. Ausdrücklich wurde darin vermerkt, dass „die alten nationalsozialistischen Parteigenossen vorläufig keine führende Stellung in der neuen Partei innehaben könnten und auch nicht als Kandidaten der Christlich-Demokratischen Partei in Frage kämen“.
Die Stellung der neuen Partei zu den ehemaligen Nationalsozialisten, das Verhältnis zur Geistlichkeit beider christlicher Konfessionen, die Heranziehung der Jugend und der Frauen zur neuen CDU sowie die Planung für eine größere öffentliche Werbeversammlung wurden in der Gründungsversammlung eingehend diskutiert.
Für den vorläufigen Ortsvorstand wurden Johannes Westemeier, Emil Cobet, Willi Peters, Richard Diehl, Josef Weidekamp, Karl Stichmann (der Bruder Alfred Stichmanns), Konrad Rüther und Rudolf Teigelkamp gewählt. Den Vorsitz übernahm Josef Weidekamp.
Welche Last diese Persönlichkeiten mit ihrer Entscheidung zur politischen Mitverantwortung auf sich nahmen, lässt sich nur ermessen, wenn man das Chaos im zerstörten Hamm nach der Katastrophe des Naziregimes und die kaum übersehbaren Aufgaben bei der Beseitigung der Trümmer und dem Wiederaufbau der Stadt ins Blickfeld rückt. Die Gründer der CDU in Hamm vor siebzig Jahren haben die Herausforderungen der Zeit angenommen und damit die Weichen für die politische Entwicklung auch in der Region Hamm gestellt.